Die schlesische Stadt Tychy südlich von Katowice besitzt seit Oktober 1982 einen Trolleybusbetrieb,
der zunächst als Versuchsbetrieb eingerichtet wurde und dann stetig
ausgebaut wurde. Das dichte Fahrleitungsnetz hat eine Streckenlänge von ca.
22 km (davon über 5 km einspurig), und eine Linienlänge von ca. 51 km, wobei
es die meisten innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen umfasst. Die Stadt
zeichnet sich durch breite Straßenzüge und großzügige Grünflächen aus. Dies
ermöglichte es, auf den weitgehend rechtwinklig verlaufenden
Hauptverkehrsstraßen statt Kreuzungen Kreisverkehre einzurichten. Die Trolleybusse in Tychy befahren somit nicht weniger als 11
der so genannten Rondos,
viele davon sind mit Weichen für Abzweigungen versehen. Die
Fahrleitung ist größtenteils starr aufgehängt, erinnert aber nicht selten
eher an
durchhängende Wäscheleinen, wäre sie tiefer angebracht. Die Weichen entsprechen alle einfacher Bauart
und können in Abzweigrichtung nur mit Schrittgeschwindigkeit befahren
werden. Gesteuert werden sie fahrstromabhängig. Weichensignale sind nicht
vorhanden. Auf geraden Strecken wird das Beschleunigungsvermögen der Obusse
aber durchaus gut genutzt. Eine Besonderheit
ergibt sich an der Endhaltestelle Dworzec PKP, da dort alle Linien enden.
Die Reihenfolge der Ankunft entspricht nicht der Abfahrreihenfolge, so dass
dort trotz einer Überholspur bis in die späten Abendstunden interessante
Rangiermanöver zu beobachten sind. Die bereits dort wartenden Trolleybusse
rücken nach Ankunft eines weiteren Busses teilweise vor und bilden eine
Lücke, in die der Ankömmling dann (tlw. nach Zurücksetzen) vorwärts
einfährt. Hierbei wird zweimal über den Bordstein gefahren, so dass der
Wagenkasten ruckartige Vertikalbewegungen erfährt, die die Stangen und die
Fahrleitung zum Schwingen anregen, wobei die Fahrdrähte sich gefährlich nahe
kommen. Zumal diese ohnehin einen geringeren Abstand zueinander haben, als in
westeuropäischen Städten.
Die Trolley-, Gas- und Dieselbusse werden im
großzügigen
Depot an der Ul. Towarowa in Freiaufstellung geparkt. In der Nähe befindet sich
auch eine Wendemöglichkeit entlang der Linie A in der Al. Piłsudskiego,
die zurück zum Depot führt.
In Tychy werden fünf Trolleybuslinien betrieben:
Linie A: Dworzec PKP T-bus - Tychy Nexteer
(Industriegebiet im Südosten von Tychy), ca. 12 km, 31 Minuten Fahrzeit
Linie B: Dworzec PKP T-bus - Paprocany Pętla
T-bus (ca. 8,5 km, 21 Minuten Fahrzeit)
Linie C: Dworzec PKP T-bus - Tychy Nexteer
(ca. 11 km, 30 Minuten Fahrzeit)
Linie D: Dworzec PKP T-bus - Tychy Nexteer
(ca. 11 km, 31 Minuten Fahrzeit)
Linie E: Dworzec PKP T-bus - Paprocany
Pętla T-bus (ca. 8,8 km, 22 Minuten Fahrzeit)
Die Verstärkerlinien C, D und E erreichen die Endhaltestellen auf
alternativen Routen im Stadtzentrum. Die Linien A, B und E verkehren
täglich, die Linien C und D von Montag bis Freitag. Die Kurse auf denen
Niederflurobusse verkehren, sind im Fahrplan der Linien A und B ausgewiesen.
Der Einstieg erfolgt i. d. R. beim Fahrer. Für 12 zł ist in Kiosken ein
24h-Ticket erhältlich.
Kurse und Taktzeiten (Durchschnittswerte, da alle
Linien in unregelmäßigem Takt verkehren) Mo-Fr / Sa / So
(Anzahl in Klammern entspricht ausgewiesenen
Niederflur-Trolleybussen)
Linie A: 5 (davon 1 NF), 15 min / 4 (davon 1
NF), 20 min / 4 (davon 1 NF), 20 min
Linie B: 4 (davon 2 NF), 15 min / 3 (davon 2
NF), 20 min / 3 (davon 2 NF), 20 min
Linie C: 2, 30 min / - / -
Linie D: 2, 30 min / - / -
Linie E: 2 (30 min) /2 (30 min) /1-2 (60 min)
Die ursprüngliche Fahrzeugflotte bestand aus 24 ZIU
682-Obussen, von denen allerdings keiner mehr vorhanden ist. Für den Betrieb
stehen heute (Stand 09/2012) 21 Wagen des Trolleybusfuhrparks der Tyskie Linie Trolejbusowe
Sp.z o.o. zur Verfügung:
6 PNTKM/JELCZ 120MT (001, 010, 020-023,
Baujahre 1997-2001)
1 JELCZ PR110UE (002, Baujahr 1981)
1 KPNA/JELCZ 120MTE (009, Baujahr 1994)
7 KPNA/JELCZ PR110E (008, 012, 013,
015-018, Baujahre 1987-1993)
6 Solaris Trollino 12 (003-007, 011,
Baujahre 2002-2008)
Die Nummern 014, 019 und 024 sind nicht mehr belegt.
Obus 014 (KNPA/JELCZ PR110E) ist ausgemustert, Obus 019 wurde in 010
umnummeriert und Obus 024
(PNTKM/JELCZ 120MT)
ist 2011 ausgebrannt.
Sämtliche Obusse verkehren ohne Hilfsantriebe. 15 neue
12m-Solaris Trollino-Obusse mit Batteriehilfsantrieb werden 2013 erwartet. Die ersten
sieben sollen im Februar 2013 geliefert werden. Sie sind Teil eines von der EU geförderten Modernisierungsprogrammes, das auch die Teilerneuerung des
Fahrleitungsnetzes und Baumaßnahmen an der Endstelle Dworzec PKP beinhaltet.
Somit ist dem kleinsten Obusbetrieb Polens eine sichere Zukunft gewiss.
Trotz der Einfachheit mancher Fahrzeuge und der Infrastruktur - die Gas- und
Dieselbusse sind durchweg deutlich moderner - identifiziert man sich in Tychy
spürbar mit dem auch in Polen seltenen Verkehrsmittel. Eine komfortable
Betriebsreserve sichert zudem den 100%igen Trolleybusbetrieb auf den
Trolleybuslinien, was in Esslingen trotz modernster Ausstattung anscheinend nicht mehr
möglich ist. Mir gefällt dieser Trolleybusbetrieb im südlichen Polen umso
mehr!
weitere Informationen:
http://www.mzk.pl/?lang=en
http://tlt.pl/
http://phototrans.de/24,274,0.html
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